Alle Spinnen können spinnen, d.h. Spinnfäden erzeugen. Aber nicht
alle Spinnen bauen Netze. Der Bau eines Netzes ist
allerdings nur einer von vielen Zwecken, für die die Spinne
"spinnt". Mit ihren Spinnfäden baut sie den Kokon, in
den sie ihre Eier legt und der dann quasi als
"Brutkasten" fungiert. Sie verschließt damit - als
Schutz gegen natürliche Feinde - ihren Unterschlupf, etwa in einer
Erdspalte, wenn sie nicht gestört werden darf, beispielsweise
während der Häutung. Viele Spinnen ziehen einen Spinnfaden als
"Sicherheitsleine" hinter sich her. Dieser kommt bei der
Springspinne als "Auffangseil" zum Einsatz, wenn sie
einmal "danebengesprungen" ist, bei anderen Spinnen als
schnelle Abseilhilfe bei Gefahr oder auch als Wiederaufstiegshilfe
nach einem kontrollierten Rettungssprung. Schließlich werden
Spinnfäden auch zur Fesselung bzw. zum Einwickeln von Beutetieren
benutzt, vereinzelt sogar zur (eher symbolischen) Fesselung des
Weibchens vor der Paarung. Die Spinnen verfügen über mehrere
Spinndrüsen, mit
denen sie verschiedene Spinnfäden für unterschiedliche
Einsatzzwecke produzieren können. Die Spinnfäden werden aus
flüssigem Eiweiß, in das Eiweißkristalle eingelagert sind,
hergestellt. Sie können - je nach Einsatzzweck - von
unterschiedlicher Stärke, trocken, klebrig, gekräuselt usw.
sein. Es gibt sehr unterschiedliche Formen von Spinnennetzen,
beispielsweise Trichternetze, Haubennetze, die dreidimensionalen
Netze der Baldachinspinnen, dreieckige Netze, die in Erdröhren
eingesponnenen Netze der Röhrenspinne und schließlich die
teilweise riesigen Radnetze der Familie der Radnetzspinnen (araneidae),
der u.a. die Eichblatt-Radnetzspinne, die
Garten-Kreuzspinne, die
Vierfleck-Kreuzspinne, die
Wespenspinne, die Schilfradspinne, die
Herbstspinne und die Kürbisspinne angehören.
Entwicklungsgeschichtlich ist es wohl so gewesen, dass
Spinnennetze zunächst nur als Behausung dienten und erst später
als Jagdhilfsmittel bzw. -werkzeug eingesetzt wurden. Nachstehend
sind einige Radnetze - vermutlich sämtlich
"Erzeugnisse" der Garten-Kreuzspinne
(araneus diadematus) - sowie ein Netz der Baldachinspinne
(linyphia triangularis) abgebildet. Der Morgentau, der sie
vorübergehend von ihrer scheinbaren Unsichtbarkeit befreit,
ermöglicht es dem Betrachter, ihre filigrane Schönheit und die
Genialität und Raffinesse, mit der die Natur hier schöpferisch
tätig gewesen ist und den Spinnen ihre Gabe, solche
Naturkunstwerke zu schaffen, verliehen hat, zu betrachten.
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Fotos:
Michael H. Lemmer
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