Die fast unglaubliche Geschichte
vom knallroten gestrickten Wanzennest
 
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Die Geschichte ist so unglaublich, dass ich selbst manchmal noch darüber nachdenke, ob das alles auch wirklich stimmt:
29. Mai 2006
 
Am 29. Mai 2006 machte ich, bevor ich zum Mittagessen nach Hause fuhr, einen kurzen Abstecher zum Fuß des Hohebergs, um mich dort noch ein wenig nach geeigneten Fotomotiven umzuschauen. Ich entdeckte eine Gestreifte Schildwanze bzw. Streifenwanze (Graphosoma lineatum), die zwischen hohen Grashalmen und Brennesseln "herumturnte" und meine ganze fotografische Aufmerksamkeit auf sich zog. Ich machte ein paar Aufnahmen und fuhr anschließend nach Hause. Dort machte mich meine Tochter darauf aufmerksam, dass am Kragen meiner knallroten Strickjacke eine fast ebenso knallrote Wanze sitzt. Vorsichtig zog ich die Jacke aus. Wir betrachteten das Tier. Es war eine Streifenwanze, die gerade damit beschäftigt war, ihre Eier auf meiner Jacke abzulegen! Ehe ich die Szene fotografisch dokumentieren konnte, hatte sie "ihr Geschäft" schon erledigt. Sofort verließ sie ihr Gelege, ohne sich weiter darum zu kümmern.
 
Was tun? Nachdem ich der "jungen Mutter" zurück in die freie Natur verholfen hatte, versuchte ich, die Wanzeneier von der Jacke zu entfernen, um sie in einem Behältnis aufzubewahren und weiter zu beobachten. Das war aber nicht möglich, denn diese hafteten unlösbar auf dem bunten flauschigen Untergrund fest. Also musste ich mich entscheiden: Vernichten oder ...? Nachdem ich mich gegen den heftigen Widerstand meiner Frau durchgesetzt hatte, fand meine Jacke jetzt ihren vorläufigen Platz als Wanzeneiernest auf meinem Schreibtisch, wo ich nunmehr das weitere Geschehen aufmerksam beobachten kann.
 
Ich habe mich erkundigt: Die Streifenwanze legt üblicherweise ihre Eier auf der Blattunterseite einer Pflanze ab, wo diese regelrecht "angeklebt" werden, bis nach etwa acht bis zehn Tagen die Larven schlüpfen. Warum sie sich ausgerechnet meine Jacke ausgesucht hatte, ist mir ein Rätsel. Dort erfolgte die Eiablage allerdings ebenfalls "auf der Blattunterseite", nämlich auf der Unterseite des umgeschlagenen Kragens.
Warten wir ab, was weiter geschieht. (Klick an zum Vergrößern der Bilder!).
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29. Mai 2006
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29. Mai 2006
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29. Mai 2006
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29. Mai 2006
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30. Mai 2006
30. Mai 2006
  Da ich nicht weiß, ob Wanzeneier zur "Reifung" besondere Bedingungen (Temperatur, Luftfeuchtigkeit usw.) benötigen, habe ich das "Wanzennest" lieber ins Freie verlagert, wo sich die Eier ja üblicherweise befinden. Jetzt steht eine Plastikschüssel mit der darin eingebetteten "Wanzeneierjacke" auf unserem Balkon - allerdings überdacht, da ich die Jacke ja irgendwann einmal wieder als Kleidungsstück verwenden will.
31. Mai 2006
 
Das Bild mit dem Zollstock zeigt, dass ein Ei lediglich einen Durchmesser von ca. 1 mm hat. Auf dem Bild rechts (neben dem Zollstock) erkennt man bei genauem Betrachten, dass die Oberfläche der Eier nicht glatt, sondern mit einem "Flaum" überzogen ist. Vielleicht handelt es sich hierbei um das "Haftmittel", welches die Eier so "anhänglich" macht - quasi als "Klettverschluss".
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30. Mai 2006
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30. Mai 2006
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30. Mai 2006
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31. Mai 2006
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31. Mai 2006
1. Juni 2006
 
Nichts hat sich gegenüber dem Vortag verändert. Es sind insgesamt 14 Eier - 10 Stück in einem Gelege, ein einzelnes "Solo-Ei" (ein paar Zentimeter entfernt) und - wieder ein Stück weiter - noch eine "Dreiergruppe". Offenbar ist die Mutterwanze bei der Eiablage gestört worden, was ich mir durchaus vorstellen kann, da sich dies alles in meinem Nacken auf meiner Jacke abspielte, während ich mit dem Auto nach Hause fuhr. Na ja, es soll ja auch vorkommen, dass Kinder im Flugzeug hoch über den Wolken geboren werden.
5. Juni 2006
Auch nach einer Woche hat sich (jedenfalls äußerlich) keine Veränderung ergeben. Das ist eigentlich ein gutes Zeichen. Wenn nämlich etwas nicht in Ordnung wäre, würde es sich vermutlich auch optisch bemerkbar machen. So denke ich mir das jedenfalls. Wenn alles planmäßig läuft, wovon ich derzeit einfach einmal ausgehe, wird es morgen oder übermorgen interessant. Dann nämlich müsste man sehen, dass sich im Inneren der Eier etwas tut.
7. Juni 2006
Kaum wahrnehmbare Strukturen kann man unter der dünnen Eischale entdecken. Ich denke, der Reifeprozess ist durch die kühle Witterung in den vergangenen Tagen leicht verzögert worden. Nur Geduld!
9. Juni 2006
Es tut sich was. Ganz deutlich haben sich die Eier - jedenfalls optisch - verändert. Ich denke, jetzt verändern sie sich von Stunde zu Stunde.
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1. Juni 2006
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5. Juni 2006
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7. Juni 2006
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9. Juni 2006
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9. Juni 2006
10. Juni 2006, Vormittag
D
ie deutlich erkennbaren Verfleckungen, Verfärbungen und Verformungen lassen hoffentlich darauf schließen, dass noch alles in Ordnung ist. Ich will aber nicht ausschließen, dass mit den Eiern irgendetwas nicht in Ordnung ist und wir nicht das erwartete Schlüpfen der Larven beobachten können. Abwarten!
10. Juni 2006, Abend
I
ch habe mich ein bisschen schlau gemacht. Ganz offensichtlich läuft wirklich nach wie vor alles nach Plan. Die roten Punkte, die man sieht, sind die Augen der Larven, die durch die Eischale durchscheinen. Bei mir ergibt sich ein Problem: Wir werden am Sonntagmorgen für eine Woche verreisen. Da diese Geschichte noch nicht zu Ende ist, werde ich das ganze "Wanzennest" wohl mitnehmen. Es kann also durchaus passieren, dass die Larven auf der Autobahn bei Tempo 150 schlüpfen, und zwar in einem knallroten gestrickten Nest. Ob es so etwas schon einmal gegeben hat?
11. Juni 2006, Abend
Gesagt, getan - die Wanzeneier begleiten uns bei unserer Kurzurlaubsreise. Auf der Fahrt geschieht jedoch nichts. Am Abend ist alles noch so wie in den letzten Tagen zuvor.
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10. Juni 2006
12.30 Uhr
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10. Juni 2006
12.30 Uhr
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10. Juni 2006
12.30 Uhr
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10. Juni 2006
19.30 Uhr
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11. Juni 2006
Abend
12. Juni 2006, Abend
I
ch habe sie völlig vergessen, bis mich meine Frau fragt: "Was machen eigentlich deine Wanzen?" Als ich nachschaue, kann ich mit bloßem Auge zunächst keine Veränderung feststellen. Erst bei genauem Hinschauen sehe ich, dass sich bei der "Dreiergruppe" irgendetwas getan haben muss. Ich fotografiere die drei Eier. Als ich die Bilder vergrößert auf dem Monitor betrachten kann, sehe ich, dass tatsächlich zwei Larven geschlüpft sind und unbeweglich auf ihren Eihüllen sitzen! Das habe ich - ehrlich gesagt - nicht mehr erwartet.
13. Juni 2006, Vormittag
Am nächsten Morgen schaue ich genauer nach: Die beiden geschlüpften Larven bewegen sich zwar. Sie bleiben aber weiter auf ihren Eihüllen sitzen. Die "Zehnergruppe" und auch das "Soloei" sind unverändert.
13. Juni 2006, Abend
Die dritte Larve der "Dreiergruppe" ist jetzt auch geschlüpft.
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12. Juni 2006
Abend
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13. Juni 2006
Vormittag
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13. Juni 2006
Vormittag

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13. Juni 2006
Vormittag

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13. Juni 2006
Abend

14. Juni 2006, Abend
J
etzt sind es schon vier. Auch das "Soloei" hat eine gesunde Larve hervorgebracht, während sich bei der "Zehnergruppe" nach wie vor nichts bewegt. Da sich die am Vortag geschlüpften Larven allmählich von ihren Eihüllen entfernen und ganz offensichtlich "auf Wanderschaft" gehen wollen, möglicherweise um sich auf Futtersuche zu begeben, ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, um sie in die Freiheit zu entlassen. Ich setze sie auf ein Papiertaschentuch und siedele sie um ins Freie - auf eine grüne Futterpflanze. Nun wird die Allgäuer Tierwelt durch vier Busecker Streifenwanzen bereichert.
16. Juni 2006
Da die "Zehnergruppe" nach wie vor unverändert ist, muss davon ausgegangen werden, dass daraus nichts mehr wird. Das ist aber vermutlich normal. Immerhin haben 14 Eier vier Larven hervorgebracht - eine Quote von 28,5%.
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14. Juni 2006
Abend
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14. Juni 2006
Abend

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14. Juni 2006
Abend

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14. Juni 2006
Abend

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14. Juni 2006
Abend

Ende (fast) gut - alles (fast) gut.

Fotos: Michael H. Lemmer